Abb. 2: Aufbau einer Polyesterharzanlage

Polyesterharz-Anlagen: Ein Bericht über neueste Technologien und Entwicklungen

Polyesterharz

Polyesterharze sind Kunstharze und Kondensationsprodukte aus zwei- oder mehrwertigen Alkoholen (z. B. Glykole oder Glycerin) und Dicarbonsäuren. Ungesättigte Polyesterharze (UPR) werden u.a. zur Herstellung von faserverstärkten Kunststoffen, Spachtelmassen oder Gießharzen verwendet. Gesättigte Polyesterharze (SPR) werden u. a. für Pulverlacke, Coil- und Can-Coatings, Fahrzeuglacke, Verpackungen und Industrielacke verwendet.

Philosophie der Produktionsanlagen

Die industrielle Herstellung von Polyesterharz erfolgt im Allgemeinen im Batchverfahren. Die Harze werden hergestellt, indem die Rohstoffe in einen Reaktor mit einem Arbeitsvolumen zwischen 5 und 50 m³ dosiert werden. Das Reaktionsgemisch wird erhitzt und, falls erforderlich, unter Druck gesetzt. Das dabei entstehende Reaktionswasser muss während der Umsetzung entfernt und die durch den exothermen Prozess entstehende Wärme abgeführt werden.

Polyesterharzanlagen sollen die universelle Produktion einer Vielzahl von Polyesterharzen gewährleisten und möglichst universell einsetzbar sein. Multipurpose-Kunstharzanlagen, die aus Standardkomponenten in vorgefertigten Einheiten aufgebaut sind, bilden eindeutig der Trend bei der Konstruktion und Installation von hochwertigen und dennoch kostengünstigen Reaktionsanlagen.

In multipurpose Anlagen kann die Produktion von Polyesterharzen in einem großen Temperatur- und Druckbereich gefahren werden, die zur Herstellung von Hochleistungs-Polyesterharzen für den Weltmarkt erforderlich sind.

Design & Aufbau

Typischerweise sind die Polyesterharzanlagen so konzipiert, dass sie die Schwerkraft für Materialfluss nutzen (Abb. 1). Auf der obersten Ebene (in der Regel Ebene 4) sind Wiegebehälter für die Vordosierung von Säureanhydriden und – falls erforderlich – Behälter für das Schmelzen mehrwertiger Alkohole installiert.

Die 3. Ebene ist die Reaktorebene. Der Reaktor wird mit den vordosierten Rohstoffen sowie den zusätzlich benötigten Reaktionspartnern befüllt. Auf dieser Ebene können Handkomponenten aus Containern oder Schleusen in den Reaktor gegeben werden.

In der 2. Ebene befindet sich die Heiz-/Kühlebene für die Reaktionsbehälter. Die Heiz- und Kühleinrichtungen werden in Skid-Einheiten vormontiert, um die Installationszeit und -kosten zu minimieren.

Abb. 1: 3D-Layout einer Polyesterharzanlage

Neben den Heiz-/Kühlstationen befinden sich auf den Ebenen 2 und 1 die Verdünnungsbehältern, in die das heiße Harz überführt und mit Lösungsmitteln verdünnt wird.

Dosierung von Rohstoffen

Die vollautomatische Beschickung der Reaktoren mit festen und flüssigen Rohstoffen erfordert einen Feststoffwiegebehälter und ggf. ein Schmelzbehälter pro Reaktor.

Der Feststoffwiegebehälter ist auf Wägezellen montiert und wird mit den Anhydriden von Dicarbonsäuren befüllt. Für kleiner Mengen werden üblicherweise Big-Bags oder Säcke verwendet. Es ist jedoch oftmals wirtschaftlicher und attraktiver, die festen Rohstoffe als Bulkware in Silos zu lagern. Die Dosierung der Schüttgüter in die Feststoffwiegebählter erfolgt dann mit Hilfe eines pneumatischen, stickstoffbasierten Transfersystems.

Die mehrwertigen Alkohole werden für die Charge im Schmelzbehälter entsprechend der Rezepturdaten vordosiert. Die ebenfalls auf Wägezellen stehenden Behälter müssen ebenfalls beheizt werden, da die verwendeten Alkohole bei Raumtemperatur oft auskristallisieren können. Neben den Wägezellen können auch Massedurchflussmesser eine attraktive, alternative Methode zur Dosierung von Rohstoffen darstellen.

Massedurchflussmesser sind im Vergleich zu Waagen die präzisesten Messgeräte, aber bei Verwendung eines Massemessers für mehrere Dosiergefäße kann immer nur ein Gefäß befüllt werden.

Hauptausrüstung

Zur Hauptausrüstung einer Kunstharzanlage für die Herstellung von Polyesterharz gehören neben den oben genannten Dosierbehältern die folgenden Geräte:

Reaktor, Kolonnen/Dephlegmator, Steigrohr, Kondensator, Trennvorlage und Auffangbehälter. Ausrüstungen, die mit heißen Reaktionsmedien in Berührung kommen, sollten aus rostfreiem Stahl, Werkstoff Nr. 1.4571 (316Ti) hergestellt werden.

Aus Sicherheitsgründen ist die Ausrüstung auf eine Temperatur von 300°C ausgelegt, auch wenn die Reaktionstemperatur nicht so hoch ist. Das Thermalöl zur Beheizung des Behälters hat ohnehin eine Temperatur von ca. 300°C. Der Auslegungsdruck hängt von dem Druck ab, bei dem die Reaktion ablaufen soll. Für mittlere und hochmolekulare Polyesterharze kann der Auslegungsdruck bei 10 barÜ liegen. Der genaue Auslegungsdruck kann anhand der Rezepturen überprüft werden. Bei der Konstruktion der Anlage ist die gleichmäßige Auslegung aller verbundenen Ausrüstungsteile in Abhängigkeit von Temperatur und Druck ein sicherheitsrelevantes Thema.

Bei niedermolekularen Harzen kann der Prozess auch bei Normaldruck durchgeführt werden. Der Auslegungsdruck sollte jedoch aus Sicherheitsgründen nicht unter 3 bar liegen. Alle direkt miteinander verbundenen Geräte müssen aus Sicherheitsgründen für dieselbe Temperatur und denselben Druck ausgelegt sein.

Abb. 2: Aufbau einer Polyesterharzanlage

Das entstehende Reaktionswasser wird über eine Kolonne oder einen Dephlegmator (temperierbarer vertikaler Wärmetauscher mit Prallblechen) aus der Reaktionsmischung entfernt, um die Gleichgewichtsreaktion auf die Produktseite zu zwingen. Das Reaktionswasser wird in ein Auffangbehälter abgeleitet.

Vakuumeinheiten

Die robusteste Lösung für ein Vakuumsystem ist sicherlich die Wasserringpumpe. Um eine Kontamination des Kühlwassers mit Partikel aus dem Reaktionsgut zu vermeiden, sollte die Vakuumpumpe in einem Sekundärkreislauf installiert werden, in dem die Verunreinigungen aufgefangen werden. Das Wasser im Sekundärkreislauf wird je nach Betriebsweise nach ein paar Tagen oder Wochen gewechselt.

Mit Wasserringpumpen kann im Reaktor ein Mindestvakuum von 60 – 70 mbara erreicht werden. Eine weitere Reduzierung des Drucks erfordert zusätzliche technische Einrichtungen.

Eine Möglichkeit, den Druck im Reaktor weiter zu reduzieren, ist der Einbau von Dampf- oder Gasinjektoren. Auch der Einbau einer zusätzlichen Boosterpumpe kann für eine zusätzliche Verdichtung vor der Vakuumstation sorgen und führt zu einem niedrigeren Druck im Prozess. Es muss darauf geachtet werden, dass die Druckerhöhungspumpen mit zusätzlichen Filtern geschützt bzw. in definierten Intervallen gereinigt werden.

Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz von trockenlaufenden oder ölgeschmierten Vakuumpumpen. Auch hier muss auf die Reinigung und/oder den Schutz der Pumpen geachtet werden. Der Einsatz ist unbedingt vorher durch eine Testreihe zu überprüfen.

Steuerungssysteme

Die größte Entwicklung bei Kunstharzanlagen hat sich im letzten Jahrzehnt sicherlich im Bereich der Prozesssteuerung vollzogen. Sicherheitsgerichtete Sicherheitssteuerungen sind in der Lage, die Prozesse so sicher wie möglich zu gestalten. Dennoch halte ich mechanische Sicherheitseinrichtungen als „letzte“ Absicherung für notwendig.

Die Installation von Durchfluss- und Temperatursensoren am Vor- und Rücklauf der Heiz-/Kühlsysteme bietet die Möglichkeit, den Prozess auf der Energieseite zu dokumentieren. Die von den Sensoren gelieferten Daten können von der Steuerung leicht ausgewertet werden und zeigen in Echtzeit den Energieverbrauch der gesamten Anlage an.

Abb. 3: Hierarchie der Steuerungsebenen

Die Verbindung des Leitsystems mit SCADA-Systemen, ERP-Systemen und Tools zur vorbeugenden Instandhaltung gibt den Betreibern und der Managementebene die Möglichkeit, nicht nur die Produktion in Echtzeit zu verfolgen, sondern auch vorbeugende Maßnahmen zur Erhaltung der Produktionsfähigkeit zu ergreifen.

Ein intelligentes und integriertes Steuerungssystem ist Teil der IT-Infrastruktur des Unternehmens und ist eingebunden in den kompletten Firmenablauf, um die Produktqualität und -verfügbarkeit unter möglichst nachhaltigen Bedingungen zu optimieren.